In Österreich gibt es rund 267.000 Ein-Personen-Unternehmen, die für eine Bruttowertschöpfung von rund EUR 6 Milliarden stehen.

Was bedeutet „selbständig“? Was ist ein Ein-Personen-Unternehmen?

Ein/-e Selbständige/-r zu sein bedeutet, die eigene Firma zu führen*.  Ein-Personen-Unternehmer/-innen sind gleichzeitig Leitende und Angestellte, Planende und Ausführende, Einkauf und Verkauf, Vermarktende und Kontrollierende. Sie konzentrieren die Rollen und Aufgaben, die in größeren Unternehmen bei verschiedenen Funktionen und in unterschiedlichen Abteilungen angesiedelt sind, in einer einzigen Person. Damit müssen sie nicht nur über Experten-Wissen in ihrem Produkt- oder Dienstleistungsbereich verfügen, sondern zusätzlich viele Kenntnisse zu Betriebswirtschaft, Marketing etc. in sich vereinen.

Selbständige tragen unternehmerisches Risiko, sie geben die Sicherheit eines (teils gut bezahlten) Arbeitsplatzes auf. Mit ihrer eigenen Firma nehmen sie Ungewissheiten in Kauf, die ein nicht klar vorhersehbarer Geschäftsverlauf mit sich bringt. Sie meistern ständig neue Anforderungen und Aufgaben. Gleichzeitig liegt darin der Reiz der Selbständigkeit – die Möglichkeit, die Arbeit nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten, jene Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die den eigenen Interessen entsprechen, und nach den eigenen Wertehaltungen zu handeln. Denn die Ein-Personen-Unternehmer/-innen stehen mit ihrem eigenen Namen für ihr Unternehmen ein. Ihr Wachstum ist nicht verbunden mit der Anzahl der Mitarbeiter/-innen, sondern mit Qualität, Innovationsgrad und Entwicklung.

Dabei ist sind Ein-Personen-Unternehmen keine neue Erfindung  – Gewerbetreibende oder Handwerker/-innen wie Schuster/-innen, Schmiede/-innen oder Wäscher/-innen waren auch „EPU“, sie wurden nur nicht so genannt. Allerdings steigt die Zahl der Ein-Personen-Unternehmen laufend. Dies ist ein Ausdruck des Wandels von einer industriellen, von Großunternehmen geprägten Ökonomie hin zu einer Wissensökonomie. EPU können ihre Talente und speziellen Fähigkeiten in diesem Umfeldbesonders gut positionieren.

Anzahl & Bedeutung der heimischen EPU

Die rund 267.000 heimischen Selbständigen bilden bereits die Mehrheit der heimischen Unternehmen (57 Prozent aller Wirtschaftskammer-Mitglieder).

In Europa ist die Situation ähnlich: Rund 60 Prozent aller europäischen Firmen sind Ein-Personen-Unternehmen ohne Angestellte, und ihre Zahl steigt weiter.

Die gemeinsame Bruttowertschöpfung der österreichischen EPU beträgt laut Mittelstandsbericht rund EUR 6 Milliarden, was ungefähr jener des gesamten Burgenlands entspricht. Gleichzeitig machen die EPU rund sechs Prozent aller Erwerbstätigen in Österreich aus.

In welchen Branchen gibt es EPU? Wer sind ihre Kunden/-innen?

Die Ein-Personen-Unternehmen Österreichs bilden keine homogene Gruppe. Sie spiegeln die breite Vielfalt der Waren und Dienstleistungen unserer Gesellschaft wider.

Die meisten EPU zählen zu den gewerblichen Dienstleister/-innen (knapp 80.000), gefolgt von den Fachgruppen Unternehmensberatung und Informationstechnologie (ca. 27.500), Werbung und Marktkommunikation (rund 14.300) sowie Fußpfleger/-innen, Kosmetiker/-innen und Masseure/-innen (ca. 11.100).

Top-10 Fachgruppen der Wirtschaftskammer mit den meisten EPU
(Quelle: WKO, Stand 12/13)

Fachgruppe Anzahl der EPU
Gewerbliche Dienstleister/-innen 78.756
Unternehmensberatung und Informationstechnologie 27.531
Werbung und Marktkommunikation 14.302
Fußpfleger/-innen, Kosmetiker/-innen und Masseure/-innen 11.111
Direktvertrieb 10.421
Gastronomie 10.087
Freizeit- und Sportbetriebe 8.347
Versicherungsagenten/-innen 6.842
Chemische Gewerbe und Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger/-innen 6.558
Versand-, Internet- und allgemeiner Handel 6.475

Top-10 Fachgruppen der Wirtschaftskammer dem höchsten anteil an EPU
(Quelle: WKO, Stand 12/13)

Fachgruppe EPU-Anteil
Direktvertrieb 91,8%
Gewerbliche Dienstleister/-innen 87,2%
Fußpfleger/-innen, Kosmetiker/-innen und Masseure/-innen 78,4%
Versicherungsagenten/-innen 77,6%
Berufsfotografen/-innen 77,3%
Film- und Musikindustrie 73,3%
Kunsthandwerke 72,2%
Finanzdienstleister/-innen 70,9%
Werbung und Marktkommunikation 65,1%
Unternehmensberatung und Informationstechnologie 65,1%

 

Die Ergebnisse der KMU-Forschung Austria (2011) zeigen, dass die heimischen EPU durchschnittlich dreißig verschiedene Kunden/-innen haben. Ein EPU im Handel hat im Schnitt bis zu 168 Kunden/-innen, in der Sparte Information und Consulting sind es zwischen 10 und 12. Hauptabnehmer/-innen der Produkte und Dienstleistungen von EPU sind andere Unternehmen (76 Prozent) und Privatpersonen (75 Prozent), 30 Prozent machen öffentliche Einrichtungen sowie Vereine oder Initiativen aus.

Meist agieren die österreichischen EPU regional: Rund die Hälfte der Kunden/-innen ist in der Region des Unternehmensstandorts angesiedelt, bei einem Fünftel stammen sie überwiegend aus demselben Ort bzw. derselben Stadt. Das trifft vor allem dann zu wenn die Kunden/-innen Privatpersonen sind. Ein Viertel aller österreichischen EPU verkauft seine Waren oder Dienstleistungen österreichweit, ein Zehntel auch ins Ausland.

Zu ihren Kunden/-innen kommen 92 Prozent der EPU über Weiterempfehlungen bzw. durch direkte Kontaktaufnahme ihrer Klienten/-innen (89 Prozent). Mehr als die Hälfte begibt sich auf die Akquise bei den Kunden/-innen.

Wer Wird Ein-Personen-Unternehmer/-in und weshalb?

Die größte Gruppe der EPU sind die 40- bis 49-Jährigen, gefolgt von den 50- bis 59-Jährigen sowie den 30- bis 39-Jährigen. Die jüngsten (20 – 29) Jahre und die ältesten (über 60 Jahre) Österreicher/-innen sind seltener EPU.

Altersmäßige Verteilung der Selbständigen in Österreich. Quelle: Wirtschaftskammer Österreich; Stand Dezember 2013

Altersmäßige Verteilung der EPU in Österreich; Quelle: Wirtschaftskammer Österreich; Stand Dezember 2013

48,3 Prozent aller EPU sind Frauen. Die meisten EPU gibt es in Wien (60.419), Niederösterreich (55.847) und Oberösterreich (40.492).

An der Tätigkeit als EPU attraktiv sind vor allem

  • die flexiblere Zeiteinteilung,
  • die Selbstverwirklichung,
  • die Unabhängigkeit vom Arbeitgeber/-in/ der/die eigene Chef/-in zu sein,
  • Marktchancen zu erkennen bzw. die Umsetzung einer Projektidee,
  • die Vereinbarkeit von Familie und Beruf (vgl. die Studien von Amway und der KMU-Forschung Austria).

Die Rückkehr in den Arbeitsmarkt bzw. die Alternative zur Arbeitslosigkeit stellen nur für wenige einen guten Grund zum Start ihres eigenen Unternehmens dar.

Was zeichnet EPU aus?

EPU gelten weltweit als Innovationsmotoren, von denen auch große Unternehmen profitieren können. Diese lagern z.B. Aufträge an hochqualifizierte Kleinunternehmen aus. Die Selbständigen können auch schneller Trends aufgreifen oder Nischenmärkte besetzen, die größere Firmen gerne ignorieren.

Durch ihre Struktur können Ein-Personen-Unternehmer/-innen rascher und flexibler auf Marktveränderungen reagieren. Sie sind anpassungsfähiger und können Produktivitätseinbußen eher vermeiden als große Unternehmen mit trägen Organisationsstrukturen. Dadurch können sie auch mit Niederlagen oder Misserfolgen besser umgehen, weil sie sich nicht gleich entmutigen lassen. Stattdessen bieten Krisen den EPU neue Chancen, nachhaltig selbständig zu werden und Vorteile in der veränderten Situation zu entdecken.

Viele EPU setzen auch auf ihre Netzwerke: Rund zwei Drittel arbeiten mit Geschäftspartnern/-innen zusammen (BMWFJ Mittelstandsbericht, 2012). Ein Fünftel geht dauerhafte Kooperationen ein, 44 Prozent arbeiten projektbezogen zusammen. Durchschnittlich verfügen die EPU über drei Partner/-innen.

Ist die gründung eines epu nur eine Alternative zur Arbeitslosigkeit?

Wäre das Unternehmertum nur eine Notlösung als Alternative zur Arbeitslosigkeit, dann würden die meisten EPU so schnell wie möglich wieder in ein Angestelltenverhältnis wechseln. Die Fakten zeigen jedoch, dass das nicht der Fall ist. Denn laut KMU-Forschung Austria (2011) sind zwei Drittel der österreichischen EPU schon mehr als sechs Jahre selbständig. 41 Prozent führen bereits seit über 10 Jahren ihr Unternehmen. Zusätzlich sieht rund ein Drittel der EPU ihr Unternehmen in der Wachstumsphase, rund die Hälfte verortet sich in der Reifephase. Auch das spricht gegen die Annahme, dass die Firmengründung nur eine Alternative zur Arbeitslosigkeit ist.

*Die WKO definiert EPU korrekt als Einzelunternehmer/-innen der gewerblichen Wirtschaft ohne unselbständig Beschäftigte (auch ohne geringfügig Beschäftigte).

Weiterführende Links & Literatur